Heizen und Kühlen im „Plus-Energiehaus“
In unmittelbarer Nachbarschaft zum Nationalpark Hainich entstand im Jahr 2012 ein Eigenheim, das für den Wartburgkreis aufgrund seiner technischen Gestaltung bislang einmalig ist. Bei dem Mehrgenerationenhaus handelt es sich um ein sogenanntes Plus-Energiehaus, das dank seiner „Eisheizung“ die Bewohner unabhängig von den Energieträgern Gas und Öl macht. Bauherr ist Jürgen Dawo, Gründer des bundesweit führenden Massivhausanbieters Town & Country Haus, das im unweit gelegenen Behringen seinen Firmensitz hat. Das Plus-Energiehaus bietet Platz für vier Familien. Technisches Highlight der Immobilie ist die Eisheizung, die das Heizen und Kühlen im Haus ermöglicht.
Mutter Natur steckt voller Energie
Erneuerbare Energieformen, die keinen CO2-Ausstoß verursachen, sind eines der großen Zukunftsthemen angesichts des Klimawandels. Das neue, innovative System kombiniert daher zum Heizen und Kühlen auf höchst ökonomische Art und Weise fünf natürliche Energiequellen: Sonne, Luft, Erdwärme, Wasser und Eis. Effizienter und umweltschonender können Wärmeversorgung und Kühlung nicht sein. Spezielle Solar-Luft-Kollektoren auf dem Hausdach sammeln die Wärme von der Sonne und aus der Außenluft. Diese wird in einem mit Wasser gefüllten, unterirdischen Behälter „eingelagert“. Auch aus dem umgebenden Erdreich nimmt der Behälter Wärme auf – auch während der kalten Wintermonate, denn schon wenige Meter unter der Oberfläche herrschen konstante Temperaturen von acht bis zehn Grad Celsius.
Wasser ist eines der effizientesten und wirtschaftlichsten Speichermedien überhaupt. Allerdings ist es aufgrund der erforderlichen Isolierung unwirtschaftlich, die im Wasser befindliche Wärmeenergie bei hoher Temperatur zu speichern. Es gibt einen anderen Weg: Wasser wird in einem unterirdischen Speicher bei einer Temperatur zwischen 0 und 10 Grad Celsius gelagert und nutzt sowohl die zur Verfügung stehende Wärmeenergie als auch die beim Gefrieren entstehende Latentwärme in Verbindung mit einer Wärmepumpe. Im Eisspeicher, wie man den unterirdischen Behälter auch nennt, wird es üblicherweise in den Sommermonaten auf Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad Celsius erwärmt. In der Übergangszeit und im Winter entzieht eine Wärmepumpe diese Energie nach und nach, um damit die Wohnräume zu beheizen.
Unter normalen Bedingungen verringert sich die Temperatur eines Speichermediums, je mehr Wärme man ihm entzieht. Sinkt dann irgendwann die Temperatur im Behälter auf den Gefrierpunkt, so macht man sich bei der Eisheizung einen besonderen Effekt zunutze: Beim Übergang von Wasser zu Eis wird sogenannte latente Wärme frei. Das entspricht pro Liter Wasser der gleichen Energiemenge, die man benötigen würde, um dieselbe Menge Wasser von 0 auf 80 Grad Celsius zu erwärmen. Während also das Wasser im unterirdischen Speicher gefriert, nutzt die Anlage diese frei werdende Energie zum Heizen.
Beim Eisspeicher dauert es eine ganze Weile, bis der Inhalt vollständig vereist ist. Erst gegen Ende eines Winters wird dieser Zustand erreicht. Dann aber kann in den folgenden Sommermonaten das Eis zum umweltfreundlichen Kühlen der Wohnräume genutzt werden.
Diese innovative Heiz-Kühl-Technik hat für Eigentümer und Mieter erhebliche Vorteile. Zum einen die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas sowie in der Folge der Schutz vor den absehbaren Kostensteigerungen in den nächsten Jahrzehnten. Ein in Euro und Cent kaum zu berechnender, zugleich nicht hoch genug einzuschätzender Vorteil ist das denkbar geringe Einwirken auf Natur, Umwelt und Ökobilanz.
Der Bau eines Hauses ist praktisch jedes Mal auch ein Eingriff in den Naturkreislauf und beeinflusst die Ökobilanz. Umso wichtiger ist es auch im Sinne der Umwelt, diesen Eingriff möglichst gering zu halten und mit geeigneten Mitteln für einen Ausgleich der Ökobilanz zu sorgen. Mittlerweile stehen in vielen Bereichen die technischen Möglichkeiten dafür zur Verfügung.
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